Streik – Endlich!!!

Am 14.06.2023 wird deutschlandweit in den Apotheken gestreikt. Endlich! Doch wie kam es dazu?

Die Menschen, die in der Apotheke arbeiten sind nicht gerade für ihr Potential bekannt, so richtig aufzubegehren. Es ist nun mal ein Dienstleistungsberuf, den viele aus Berufung ausüben, und wo man im Kundenkontakt eher zurückhaltend ist mit seiner eigenen Meinung oder großartig kontroversen Diskussionen. Zudem findet sich hier ein großer Prozentsatz an Frauen. Wir sind eher die Leisetreter in der Gesellschaft, und das ist im Grunde genommen auch nichts Schlimmes.

Es wird erst dann zu einer negativen Eigenschaft, wenn man dafür ausgenutzt wird, und genau das ist in den vergangenen Jahren passiert. Immer mehr Aufgaben wurden uns aufgebürdet, immer mehr Arbeit (denn es schließen täglich Apotheken, und die Menschen müssen ja trotzdem versorgt werden – ergo sind immer mehr Menschen von immer weniger Apothekenpersonal zu betreuen), bei seit Jahrzehnten gleicher Bezahlung.

Egal wen ich frage, ob er in den vergangenen 10-15 Jahren mehr Geld bekommen hat, also eine reale Lohnsteigerung stattgefunden hat, schaut mich entgeistert an. Ja natürlich! Es wird doch alles teurer, die Inflation, und überhaupt möchte man ja mit steigender Lebenserfahrung und immer mehr Fortbildungen auf dem Buckel dies auch in Zahlen honoriert sehen, und nicht nur mit Applaus auf dem Balkon.

Trotzdem ist das genau das, was die Apothekeninhaber und- Inhaberinnen in den vergangenen Jahren erlebt haben, denn seit dem Jahr 2013 (!!!) gab es keine Erhöhung des Festbetrages mehr, was ja quasi der “Stundenlohn” der Inhaber ist. Davon musste im Gegenteil immer mehr abgegeben werden, da wir ja seit Februar dieses Jahres auch noch von diesem Betrag für die Krankenkassen etwas abzwacken müssen, denen es ja so schlecht geht. Deren Verwaltung etwa zu verschlanken oder auf einen Großteil der unterschiedlichen Kassen einfach einmal zu verzichten, um hier Gelder zu sparen die KEINEM Kranken zugutekommen – Pustekuchen. Die Politiker verscherzen es sich ungern mit den späteren Geldgebern und sichern sich lieber einen Posten im Aufsichtsrat wenn ihre politische Karriere zu Ende ist. Einen solchen hoch dotierten Ruheplatz fürs Alter können die Apotheken leider nicht bieten, höchstens einen Fahrerjob auf Mindestlohnbasis.

Also: um Apothekers aus der Ruhe zu bringen braucht es schon viel, und es kam auch viel zusammen. Die Überlastung gerade während der Coronazeit, in der sich andere Berufsgruppen im Homeoffice langweilten, das fehlende Geld, die mangelnde Anerkennung, die Personalnot und nicht zuletzt die Lieferengpässe, die unsere Geduld auf eine harte Probe stellen haben jetzt das Fass zum Überlaufen gebracht, so dass am 14.06. gestreikt wird. Zumindest hoffen wir das.

Die ABDA hat dazu ermutigt, um ihre berechtigten Forderungen zu unterstreichen, die von der Politik bestenfalls ignoriert werden, und die Kammern haben versprochen, die Füße still zu halten, sollte jemand die Apotheken wegen der Schließungen melden (Apotheken haben gewisse Mindestöffnungszeiten, die eigentlich eingehalten werden müssen). Dass Kranke versorgt werden müssen, ist aber kein Thema. Selbstverständlich bleiben die notdiensthabenden Apotheken geöffnet und auch alle krankenhausversorgenden Apotheken arbeiten weiter.

Trotzdem ist es schwer alle zu mobilisieren. Apotheker/innen streiken nicht gerne, weil sie an all ihre Kunden denken, aber auch an die Konkurrenz, die dann vielleicht offen hat und möglicherweise ein paar Euro Umsatz mit den Kunden generiert, die eigentlich Stammkunden in der eigenen Apotheke sind. Sie denken an all das schöne Geld, das ihnen an einem solchen Streiktag verloren geht, und

viele ziehen nicht mit. Man will nicht der Buhmann sein, der dafür verantwortlich ist, dass Tantchen Hilde sich zur nächsten Notdienstapotheke fahren lassen muss, um ihr Metformin zu holen.

Ganz ehrlich? Wer jetzt nicht mitmacht, der darf sich nicht mehr beschweren. Nie mehr. Der muss klaglos zusehen, wie andere Berufsgruppen 20-30% mehr Gehalt bekommen, und sie selbst sogar noch etwas abgeben müssen. Der darf nicht mehr jammern, weil gut ausgebildete PTA den Apotheken den Rücken zudrehen und in andere Berufszweige abwandern, in denen sie mehr verdienen als das Minimum was gerade reicht zum Leben und was irgendwann in die Altersarmut führt. Wozu hochqualifiziert den Allerwertesten aufreißen, während Lieschen Müller an der Supermarktkasse mehr hat am Ende des Monats, und auch eine durchschnittliche MFA in der Arztpraxis gegenüber 10 Stunden die Woche weniger arbeitet bei gleichem Gehalt. Der muss sich nicht wundern, wenn er aufgrund Personalnot selbst nicht mehr in den Urlaub fahren kann, sondern mit 3 Wochen Jahresurlaub auskommen muss.

Wer Angst hat, dass seine Kunden für immer wegbleiben, wenn sie nur 1x in die Apotheke des Streikbrechers vom Nachbarort gehen, der hat ganz andere Probleme als den einen Mittwoch. Wer glaubt am Hungertuch nagen zu müssen, weil ein Tag geschlossen bleibt – was macht der denn an Feiertagen, die auf einen Wochentag fallen? Der 1. Mai war ein Montag. Der 1.November ist ein Mittwoch – OMG!

Und Sorry – wenn ich lese: wir bedienen über die Notdienstklappe, um auf die Problematik aufmerksam zu machen – dann will ich brechen. Seid doch ehrlich, ihr wollt auf den Umsatz nicht verzichten, aber versucht trotzdem vor den anderen euer Gesicht zu wahren. Wie peinlich. Wie feige! Dann habt wenigstens den A… in der Hose und macht normal auf, und erntet dann auch verdient die Verachtung eurer Konkurrenz. Auch ein Infostand vor der Apotheke ist nicht zielführend! Die erste Kundin, die euch mitfühlend zunickt und Verständnis heuchelt, euch dann aber bittet ihr das gewünschte Medikament “ausnahmsweise” doch abzugeben, die wird es auch erhalten. Zumachen. Die Schaufenster abkleben. Übersichtsplakate kleben, auf denen die Schließungen der letzten Jahre verzeichnet sind. Das sind Maßnahmen. Vielleicht in Absprache mit der Konkurrenz die Notdienst macht einen Stand vor DEREN Apotheke aufbauen und dort informieren. DAS ist zielführend. Alles andere ist nur Augenwischerei.

Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen, ob es die Aktion dieses Mal in die Tagesschau schafft und die Menschen auf unsere Lage aufmerksam macht. Wer jetzt nicht mitstreikt, dem weine ich keine Träne nach, wenn die Apotheke geschlossen wird. Der hat es nicht anders verdient.

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Herablassend

Ich mache meinen Beruf wirklich gerne. Ob in der Apotheke oder in der PTA-Schule, er macht mit Freude, weil ich überall etwas positives bewirken kann. Aber manchmal hasse ich es auch, PTA zu sein, und nichts „Ordentliches“ gelernt zu haben, sprich etwas studiert zu haben.

Gerade wieder in der vergangenen Woche hatte ich so einen Tiefpunkt, aufgrund des Verhaltens eines an sich wirklich freundlichen Arztes.

Ich war mit meiner Kollegin unterwegs, um einem netten älteren Herren, der etwas dement und mobilitätseingeschränkt ist Kompressionsstrümpfe anzumessen. Voraus ging hier zur Abklärung eines Hausbesuchs ein Telefonat mit dem Sohn, der eigentlich gerne dazu mit unserem Chef gesprochen hätte. „Ich bin Proktologe aus München, wissen Sie?“. Der Chef war aber nicht im Haus, so durften wir doch den Termin machen.

Als wir zur vereinbarten Zeit klingelten, öffnete der Sohn mit den Worten:

„Ach Hallo! Wart ihr vor einer Stunde auch schon da?“

Ich war etwas irritiert ob der jovialen Ansprache – wir kennen uns schließlich nicht- schluckte es aber.

„Wir hatten doch 8:45Uhr ausgemacht, oder?“

Er lachte und tätschelte mir gönnerhaft auf die Schulter.

„Ja ja, ihr seid schön pünktlich. Ich frage nur, weil es schon mal geklingelt hat heute. Ich dachte, ihr wärt das. Immer rein, mein Vater sitzt im Wohnzimmer. Ich lass euch dann zum messen alleine, ne? Dann geht das schneller. Ich habe ja ein ganz anderes Fachgebiet, ich bin Proktologe und habe eine Praxis in München.“

Der Messvorgang nahm seinen üblichen Verlauf, und wir sprachen noch die Strumpffarbe ab. Der alte Herr schwankte noch zwischen 2 Möglichkeiten, als sein Sohn wieder ins Wohnzimmer kam.

„Ja nun Vati, dann entscheide dich mal. Die Mädels haben ja auch nicht den ganzen Tag Zeit. Die müssen noch weiter zum nächsten Strumpf, ne?“

Zwinkert uns zu und grinst. Ich bin fassungslos, aber einfach zu höflich/feige um sinnvoll zu reagieren. Ich könnte ihn ja auch duzen, und fragen, ob er nicht auch schon auf dem Weg sein müsste zur nächsten Hämorrhoide, der Bub…

Ich kann ja nicht mal sagen, dass er irgendwie unfreundlich war, aber es ist einfach respektlos, und fühlt sich für mich als Mittvierzigerin nicht gut an, als „Mädel“ bezeichnet zu werden. Mit Sicherheit wäre der Herr Proktologe auch mit der Hausärztin seines Vaters oder mit unserem Chef nicht so umgegangen. Ich kann mir aber ungefähr vorstellen, wie er mit seinen Angestellten MFA spricht.

Ich ärgere mich über so viel Herablassung, obwohl mir gleichzeitig klar ist, dass sich das nicht ändert, indem ich das so schlucke. Ich ärgere mich über dieses Hierarchiendenken, bei dem der Halbgott in weiß meint, alle „Arbeiter“ einfach duzen zu dürfen. Ich ärgere mich über meine Entscheidung, die Klappe zu halten und dabei quasi abzunicken, dass diese Art des Umgangs in Ordnung ist. Ich hoffe, ich sehe ihn wieder, den Proktologen. Ich bin jetzt gewappnet und werde sein Verhalten definitiv spiegeln. Und ich freue mich doppelt, dass ich ein Studium begonnen habe.

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Das Jodeldiplom

Dass ich künftig offiziell nur noch ohne Aufsicht durch einen Approbierten arbeiten darf, wenn ich ein entsprechendes Fortbildungszertifikat der Apothekerkammer besitze hatte ich schon erwähnt. Gut 2 Monate nach der Einführung dieser Unverschämtheit ist es an der Zeit, einmal Resumee zu ziehen, was die Kollegen in den sozialen Medien dazu alles schreiben…

Viele – eigentlich alle – arbeiten weiter so wie vorher, als sei nichts gewesen. Ohne Jodeldiplom (wie es eine PTA passenderweise nannte) und ohne Aufsicht. In einer normalen Apotheke lässt sich die Arbeit auch gar nicht anders bewerkstelligen. Müsste jedesmal ein aufsichtsführender Approbierter daneben stehen, wenn eine PTA irgendetwas außer der Ware anfasst – wir könnten dicht machen. So viele Apotheker/innen gibt der Markt gar nicht her. Und wenn es anders wäre, dann bräuchte man auch keine PTA mehr, dann könnten sie die Arbeit nämlich auch gleich selbst erledigen.

Einige PTA sind dabei, die wörtlich sagen: „Bei der miesen Bezahlung können mir alle den Buckel runterrutschen, ich mache in meiner Freizeit was anderes“.

Manche PTA sind auch gar nicht willens dieses Zertifikat anzustreben. Viele hätten theoretisch einige Punkte, die zählen (eigenverantwortliche Weiterbildung durch das Lesen von Fachzeitschriften oder online-Fortbildungen), ihnen fehlen aber die Punkte aus der Präsenz. Wer einen Chef/eine Chefin hat, der/die Fortbildungen in irgendeiner Weise honoriert (Fortbildungen werden als Arbeitszeit gewertet, es gibt Gehaltssteigerungen bei Zertifikatserwerb etc), der hat auch deutlich häufiger genügend Punkte zusammen. Wessen Chefs sich nicht darum scheren, der macht auch nichts.

Doch es sind auch einige dabei, die sich für Fortbildung im allgemeinen stark machen, und das freut mich sehr

Allgemein stößt den meisten (wie mir persönlich auch) diese Regelung vor den Kopf, da sie impliziert, die ganze Berufsgruppe sei so beschränkt, dass man sie zur Fortbildung zwingen, oder permanent überwachen muss.

Und das ärgert mich im übrigen auch: ein Studiengang – und wenn er 1000x etwas mit Pharmazie zu tun hat – wird nicht anerkannt. Nicht mal beim popeligen Punktezertifikat. Da könnte ja mal eine PTA kommen, die noch mehr verlangt, als die Aufsicht beim Packmittel-prüfen offiziell auszusetzen… wo kämen wir denn da hin? Am Ende will die auch noch irgendeine Verantwortung tragen! Nix da. Frei nach Schiller: (in diesem Fall nicht Elisabeth zu Maria sondern ABDA zu PTA) „Ihr seid an Eurem Platz, PTA“. Und das für immer und alle Zeit.

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Samstags-Schrecken

Eine Geschichte die das Leben schreibt, ausnahmsweise mal ohne Apotheke aber durchaus mit medizinischem Content…

Ich sitze mitten im Fernstudium – ausgerechnet beim Thema „Nervensystem“, da ruft mein Sohn panisch „Mama!!! Code Rot“!!!“ Eigentlich war er gerade im Garten und hat mit meiner Mutter eine Schneeballschlacht veranstaltet. Ich lasse alles stehen und liegen und hetze runter. Er informiert mich: „Oma hat gesagt sie wird ohnmächtig, dann hat sie sich erst hingesetzt, dann hingelegt, und dann hat sie ein komisches Geräusch gemacht, die Augen verdreht und ist ganz steif geworden. Und dann hat sie gezappelt. Ich hab Opa geholt, der hat sie rein geholt. Und ich hab Papa gesagt, dass er den Rettungswagen anrufen soll.“

Ein „Grand Mal- Anfall“, auch „tonisch-klonischer Anfall“ oder „Epilepitscher Anfall“ genannt. Genau das, was ich vor etwa einer Stunde gerade im Kurs wiederholt habe.

Ich renne rüber und sehe meinen Vater, der mit meiner Mutter komplett überfordert ist. Er hält sie halb aufrecht auf den Beinen, kann sie aber nicht weiter ins Wohnzimmer zerren. Ich übernehme sie, setze mich auf den Boden und halte ihren Oberkörper. Sie kann sich kaum artikulieren und schläft immer wieder ein. Rettungsdienst ist unterwegs, sie ist stabil, ich versuche durchzuatmen.

Zuerst ziehe ich ihr den Schal aus, frage ob sie die Jacke ausziehen möchte. Sie nickt. Inzwischen wird mein Vater nervös und möchte etwas tun. Ich bitte ihn in die Küche zu gehen um Mamas Tasche zu holen. Dort vermute ich die Versichertenkarte. Er bringt einen Stuhl. Wie ich seit etwa 10 Minuten weiß nennt sich das Agnosie. Er weiß mit dem Wort „Tasche“ nichts mehr anzufangen. Als mein Sohn mich aus der Vorlesung geholt hat waren wir beim Thema Alzheimer.

Als der Rettungsdienst kommt ist das erste was ich ihnen sage, dass es sich um einen Grand Mal Anfall handelt, und dass außer mir gerade alle Corona haben. Nachdem mein Sohn befragt wurde, wie lange die Oma „gezappelt“ hat (etwa 30 Sekunden) trifft der Notarzt ein. Meine Mutter wird untersucht, der Arzt spekuliert woran der Anfall liegen kann. Ich werfe nochmal ein, dass alle im Haushalt Corona haben.

Der Notarzt ist sauer: „Und das sagen sie mir jetzt erst? Was ist mit Masken?“ Ich bin jetzt auch sauer: „Ich trage eine Maske und mein Sohn auch. Sie können ja wohl nicht verlangen, dass ich meiner Mutter eine Maske aufsetze! Außerdem habe ich das ihren Kollegen direkt gesagt, als sie hier angekommen sind.“ Der Notarzt schaut die Rettungssienstler an: „Stimmt das?“ Beide schauen erst mich an, dann den Notarzt, dann den Boden und murmeln etwas von „Das habe ich gar nicht mitbekommen, das hab ich nicht gehört.“ Später sagt mir sogar meine Mutter, dass sie mitbekommen hat, dass ich es gleich erzählt habe.

Als es meiner Mutter besser geht, die Blutzuckerwerte und die Temperatur nichts Ungewöhnliches ergeben haben will sie nicht mit ins Krankenhaus und unterschreibt, dass sie über die Risiken aufgeklärt wurde. Inzwischen suchen die Rettungsdienstler alles zusammen, was sie ausgepackt hatten und bringen es zum Auto. Das Thermometer fehlt.

Wir suchen zusammen. Es taucht nicht auf. Vom Rettungsdienst wird mein Vater verdächtigt. Ich verteidige ihn, da er auch zum verstecken von Gegenständen weder Zeit noch Nerven hatte. Sie gehen wieder zum Auto zurück, und ich fühle mich trotzdem irgendwie schuldig. Einer kommt wieder rein und sucht weiter. Ich soll in den Schränken schauen. Wir gehen alle Zimmer ab, die mein Vater betreten hat. Plötzlich ruft es aus dem Wagen: das Thermometer war doch schon eingepackt. Ohne Entschuldigung für die Umstände geht der Rettungsdienstler aus dem Haus.

So wirklich gut in Erinnerung behalte ich den Einsatz nicht. Zwei wollen sich nicht daran erinnern, dass ich sie wegen Corona gewarnt habe, einer fragt mich gefühlt alle 10 Sekunden nach der Gesundheitskarte, obwohl ich gerade mit dem Notarzt rede und wissen will was meiner Mutter fehlt, einer herrscht mich an, und dann wird ein Thermometer verschlampt und mein Vater beschuldigt, ohne dass man wenigstens ein Wort des Bedauerns darüber verliert.

Klar sind wir in diesen Tagen alle etwas am Limit, ich kann das verstehen. Aber vielleicht sollten sich die diese Menschen vom Rettungsdienst zwischendurch wieder bewusst machen, dass sie in eine Ausnahmesituation geraten, die die Menschen die sie gerufen haben nicht jeden Tag erleben. Ich hoffe, dass dieser seltsame Umgang mit uns auch eher die Ausnahme war.

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PTA-Reformgesetz – wieder mal

Über das unsägliche PTA Reformgesetz habe ich ja bereits geschrieben- eine Auswirkung davon bemerken wir gerade im Neuen Jahr. Es ist zugegebenermaßen nichts wirklich tragisch Schlimmes, aber es ist wieder mal so ein kleiner Stachel im Fleisch aller PTA, die gerne selbstverantwortlich arbeiten, und das in den vergangenen Jahren auch getan haben.

Ab sofort muss in unserem Laborprogramm und in unserem Rezepturprogramm ein zweiter Haken gesetzt werden, und zwar einer für die Aufsicht.

Sandra wollte es anfangs gar nicht glauben, dass wir jetzt sogar dann eine Aufsicht brauchen, wenn wir nur irgendwelche Pipettenmonturen prüfen. Offenbar hält man uns PTA sogar für sowas zu blöd.

Ggf. – warum gegebenenfalls? Ganz einfach: diese Aufsicht kann entfallen, wenn die betreffende PTA:

– ihre Ausbildung mindestens mit „gut abgeschlossen hat und nach der Ausbildung drei Jahre Vollzeit gearbeitet hat / wenn sie schlechter als „gut“ war muss sie 5 Jahre Vollzeit gearbeitet haben

– mindestens ein volles Jahr unter der Aufsicht des/der verantwortlichen Apothekenleiters/leiterin gearbeitet hat

– ein gültiges Fortbildungszertifikat der Apothekerkammer ihr eigen nennt

Für dieses Zertifikat muss man je nach Bundesland 50Euro bezahlen, und innerhalb von 3 Jahren mindestens 100 Fortbildungspunkte sammeln. Ein Punkt entspricht dabei 45min. Workload. Diese Punkte muss man in verschiedenen Kategorien sammeln (akkreditierte Online/Präsenzveranstaltungen, Inhouse-Veranstaltungen, Selbststudium mittels Fachzeitschriften, Unterricht an PTA Schulen, Verfassen von Fachartikeln etc.). Man muss dazu bedenken, dass die meisten Fortbildungen Geld kosten, und die Fortbildungszeit auch meistens nicht vom Arbeitgeber als Arbeitszeit anerkannt werden.

Und all das nur für einen blöden Haken im Programm, und dafür, dass man die Kassenrezepte nicht unmittelbar nach der Abgabe der Medikamente an den Kunden einem/einer Approbieren vorlegen muss (was auch in den seltensten Fällen passiert, selbst wenn man diese Voraussetzungen nicht erfüllt).

Viele werden darauf verzichten, weil der Aufwand für ein solch geringen Benefit zu groß erscheint. Und er ist es auch. In meinen Augen ist dieses Reformgesetz beinahe ausschließlich dafür geschaffen worden um meine Berufsgruppe klein zu halten. Danke ABDA. Großartig.

Und dennoch werde ich es machen. Gerade dann werde ich es machen. Um eine weniger zu sein auf die mit dem Finger gezeigt werden kann um zu sagen: „Seht her, die PTA. Fortbildungsunwillig und nicht bereit dazu, Verantwortung zu tragen. Und wenn es nur um diesen einen verdammten Haken im System geht, ich verdiene ihn mir.

Ich bekomme locker die 100 Punkte hin. Rechne ich alles zusammen, was ich in den vergangenen 3 Jahren angesammelt habe sind es vermutlich sogar weit mehr als 1000. Und ich werde sie alle an die Kammer schicken. Dort darf man gerne sehen, dass es uns engagierte PTA gibt.

Und noch etwas zum Geleit – macht ihr so weiter, dann werden in 10 Jahren noch mehr PTA frustriert der Apotheke vor Ort den Rücken zugedreht haben. Wenn es das ist was ihr wollt: nur zu, ihr seid auf dem besten Weg dorthin. Ich frage mich nicht erst seit gestern, was ich persönlich eigentlich noch hier verloren habe. Meine Antwort: es ist fast ausschließlich nur noch das Team in dem ich arbeite, was den Gang zur Arbeit nicht nur erträglich, sondern beschwingt macht. Wären nicht diese freundlichen, witzigen, herzlichen und eigenwilligen Menschen in meinem Leben, dann wäre es ärmer. Die Standespolitik dagegen hatte mich schon vor gut 10 Jahren so weit, dass ich den Hut nehmen wollte.

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Do it yourself – Fiebersäfte

Derzeit dürfen wir in der Rezeptur ja mal wieder so richtig ranklotzen. Zwei Jahre nach dem Herstellen von Flächen- und Handdesinfektionsmittel, das die Rezeptur endlich wieder als Königsdisziplin der PTA aus der Versenkung geholt hat, wird es in den Rezepturen und Laboren wieder spannend.

Jetzt ist aber kein schnödes Lösungen-herstellen gefragt, es geht ans Eingemachte: was ich schon nicht mehr zu hoffen gewagt hatte – es werden Zäpfchen gegossen!!! Und natürlich Säfte hergestellt – endlich kann ich bei meinen Schülern rechtfertigen, warum wir hier über die Jahre immer so großen Wert darauf gelegt haben. Fieber und Schmerzen bei Kindern sind nämlich häufig nur mit Paracetamol und Ibuprofen in ebendiesen Darreichungsformen beizukommen, und das verlangt schon einiges an handwerklichem Geschick. An Zäpfchen mit Verdrängungsfaktor oder der Münzel-Methode trauen sich Laien naturgemäß und aufgrund fehlender Gießformen nicht ran, bei den Säften sieht es da leider offenbar anders aus.  

Es kursieren verschiedene Anleitungen im Internet, wie man zuhause “kinderleicht” aus Tabletten Säfte herstellen kann, und ich möchte da – wie die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände – ganz herzlich davon abraten!!!

https://deref-gmx.net/mail/client/HDRj3b22kno/dereferrer/?redirectUrl=https%3A%2F%2Fwww.rnd.de%2Fgesundheit%2Ffiebersaft-selber-machen-warum-experten-davon-abraten-und-wo-die-gefahren-fuer-kinder-liegen-2H2MEJ3JOJD55PRRVMXNO7FXRA.html

Ich verlinke ganz bewusst keine solcher Seiten, um diese nicht auch noch zu verbreiten, aber wer da ein gesteigertes Interesse hat, der findet sich im Internet, der “allwissenden Müllhalde” ganz bestimmt sehr schnell.

In der Apotheke machen wir uns sehr viel Gedanken über die perfekte Zusammensetzung solcher Säfte, und da gehört es dazu, dass die Aufschüttelbarkeit bewertet, und auch Wert auf die perfekte Sedimentationsgeschwindigkeit des Wirkstoffes gelegt wird. Was bedeutet das? Der Wirkstoff darf bei der Herstellung nicht am Boden der Flasche festkleben (“caking”), sich nicht mit Luft verbinden und oben schwimmen (“aufrahmen”) und muss in genau der richtigen Geschwindigkeit nach dem aufschütteln absinken, dass der Patient (oder ein Elternteil) die Dosis so entnehmen kann, dass der Wirkstoff sich noch in der Schwebe befindet. Sinkt er zu schnell ab ist es nur noch Zufall, wenn während der Entnahme die Dosis stimmt, und sich nicht schon die Hälfte davon am Boden befindet.

Zudem stellen wir die Rezepturen in einer möglichst keimarmen Umgebung her (wird regelmäßig per Abklatschprobe vom Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker getestet), so dass nur eine möglichst geringe Menge an Konservierungsmitteln verwendet werden muss. Trotzdem sind diese Säfte dann nur 14 Tage haltbar. Ich will mir nicht vorstellen, wie das Bakterienwachstum aussieht, wenn Mutti den Saft aus zerdrückten Tabletten im Einmachglas geschüttelt herstellt, dann tagelang neben dem Bett stehen hat und ganz einfach mit dem Teelöffel die Dosis entnimmt.

Die Gefahr einer Überdosierung ist riesig, gerade bei den Kleinsten. Und wer weiß mit welchem Medikament man eine Paracetamol-Überdosis behandelt? Richtig, mit N-Acetylcystein das derzeit ebenfalls nicht lieferbar ist. Tolle Wurst.

Wer auf die vermeintlich clevere Idee kommt, die Zäpfchen für Erwachsene zuhause zu teilen: lasst es. So etwas ist nur möglich, wenn die Suppositorien in der Apotheke per Handarbeit gefertigt wurden, denn auch hier muss auf die Sedimentation geachtet werden, und die Zäpfchen werden in der sogenannten “Cremeschmelze” bei 35°C ausgegossen, damit der Wirkstoff nicht bei zu heißer Grundlage direkt in die Spitze absinkt. So wie die Zäpfchen aus der Industrieproduktion aussehen würde ich nicht darin vertrauen, dass es hier ebenso gehandhabt wird, denn diese sind häufig auch blasig und haben Luftlöcher, was bei Handarbeit nicht vorkommt.

Also: vertraut auf die Wertarbeit aus der Apotheke und stümpert nicht zuhause vor euch hin! Was beim Fliesen verlegen auf eigene Faust maximal schlecht aussehen kann, wird im medizinisch/pharmazeutischen Bereich fatal! Die wenigsten kommen zum Glück auf die Idee, selbst zuhause mit dem Skalpell an sich herum zu schnitzen, wenn ein Facharzttermin zu lange dauert. Bitte stellt auch auf eigene Faust keine Medikamente her. Die Folgen einer Vergiftung sind vermutlich schwerwiegender als die Folgen von Fieber. Wendet euch also an eine Apotheke vor Ort (die Internetapotheken halten sich hier natürlich fein raus, denn die können keine Rezeptur) die selbst herstellt, wenn ihr nirgends mehr Fertigarzneimittel bekommt. Nur hier könnt ihr auf die Qualität der Säfte und Zäpfchen vertrauen!

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Lieferengpässe – Tagesdoku

Die Lieferengpässe rauben uns Zeit. Wie viel Zeit, das habe ich gestern einmal versucht in Worte zu fassen, indem ich mir am Vormittag einen Fresszettel in die Tasche gesteckt habe, und bei jedem Engpassproblem eine kleine Notiz dazu vermerkt habe. Wieso ich das gemacht habe? Weil ich glaube, dass vielen “da draußen” gar nicht bewusst ist, wie sehr sich die Apotheken vor Ort deshalb wieder einmal für die Arzneimittelversorgung ins Zeug legen!

Clonid ophtal – Klinik

Kanamytrex – 3x Apos angerufen

Lamotrigin- Rückruf Arzt

Ambroxol Saft – Kind -> Mucosolvan?

Ramipril + Bisoprolol HEXAL – Absage schriftl.

Paracetamol da – Hartfett?

Was bedeutet das?

1. Clonid ophtal: Hier hatte ich ein Rezept einer Augenklinik vorliegen über einzeldosierte Augentropfen mit der Menge 60 Stück. Diese sind nicht lieferbar, aber wir haben eine 120 St. Packung am Lager. Nur braucht der Patient wirklich so viele? Sollte ich lieber 60 Stück auseinzeln? Aber werde ich die dann angebrochene Packung wieder los? Ich habe also die Klinik angerufen, nur war dort kein verantwortlicher Arzt greifbar, den man hätte fragen können. Man versprach einen Rückruf, ich habe mir die Telefonnummer des Patienten aufgeschrieben und die Packung zurückgelegt. 2 Stunden später wurde ich tatsächlich zurückgerufen (eine echte Seltenheit wenn man es mit Kliniken zu tun hat!), die größere Packung wurde bestätigt. Dann habe ich mich wieder beim Patienten gemeldet, der später nochmal kam um das Medikament zu holen.

2. Kanamytrex: akut benötigt für ein Kind mit einer Augenentzündung. Nicht lieferbar. Die Mutter war bereits in 4 anderen Apotheken und der Verzweiflung nahe. Unsere Partnerapotheken haben auch alle kein vergleichbares Medikament mehr da. Ich habe der Mutter zuliebe herumtelefoniert und bin bei der 3. Apotheke fündig geworden. Sie legen die Packung zurück, und ich erkläre der Kundin den Weg zur “Konkurrenz”. Sie ist sehr dankbar, und ich hoffe, dass sie uns wenigstens in positiver Erinnerung behält (eine Versandapotheke gibt sich einen solchen Aufwand sicher nicht).

3. Ein Rezept über Ambroxol Saft für ein Kind zum Hustenlösen liegt vor. Wieder sind wir nicht die erste Apotheke bei der der Vater es versucht, auch wir sind ausverkauft. Wir haben noch genau eine Flasche Mucosolvan Saft da, allerdings in anderer Dosierung als auf dem Rezept. Der Vater verzichtet auf das Rezept und kauft die Flasche selbst, nachdem ich ihm erklärt habe, dass ich nicht einfach eine andere Dosierung auf das gleiche Rezept abgeben darf, weil wir sonst retaxiert werden. Der Kinderarzt ist telefonisch nämlich nicht zu erreichen. Ich gebe ihm den Tipp, den Kassenbon aufzubewahren, und mit einem neuen Rezept wiederzukommen, das wir dann verrechnen können. Ich habe den Eindruck er glaubt mir nicht und denkt, wir wollten ihn abzocken…

4. Lamotrigin, Ramipril, Bisoprolol – hier fasse ich mal zusammen – waren alles drei unterschiedliche Vorgänge, die jeweils mit “aut idem” gekennzeichnet, aber so nicht lieferbar waren. In jedem Fall habe ich 1x mit der Arztpraxis gesprochen um das “aut idem” streichen zu können. Jedes Mal hieß es: “Ach, ich weiß auch nicht warum wir da ein Kreuz gemacht haben. Streichen Sie es halt…”. Aber wehe dem, ich würde das 1x ohne Rücksprache machen. DANN wäre es sicher lebensnotwendig gewesen. Es würde eine irre Zeit sparen, wenn man die Formalitäten ernst nimmt und das Kreuz echt nur dann setzt, wenn es wirklich notwendig ist… in 2 Fällen waren es übrigens Bestellungen per App, die ich dann schriftlich darüber in Kenntnis setzen musste, dass ich etwas nach ärztlicher Rücksprache geändert habe. Das frisst dann auch nochmal Zeit.

5. Paracetamol ist als Saft und in Zäpfchenform ja bekanntlich derzeit nicht lieferbar. Wir haben daher 250g Substanz eingekauft, um Zäpfchen und Saft selbst herzustellen, wenn alle Stricke reißen. Schön und gut, aber wir bekommen derzeit weder die Hydroxyethylcellulose um die Säfte anzudicken, noch ausreichende Mengen an Hartfett um die Zäpfchen herzustellen. Ich telefoniere mit 3 verschiedenen Großhändlern, um wenigstens eine kleine Menge davon zu ergattern. P.S. Hartfett ist in der letzten Zeit echt teuer geworden. Seltsam… nicht.

So, und nun soll mir nochmal jemand sagen, das Lieferengpass-Probleme nicht so viel Zeit fressen, als dass sich die Apotheken dafür einen Ausgleich verdient hätten. Schade, dass es dafür keine Sonder-PZN gibt, die man aufdrucken kann, sobald man mit einem Arzt telefonieren oder ein Produkt irgendwie aufwändiger beschaffen muss. Wieso eigentlich nicht?  

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Man möchte brechen…

Man möchte brechen, wenn man sich den Beitrag des “Experten”, Herrn Helmut Schröder – seines Zeichens Diplom-Soziologe (also von Hause aus extrem bewandert was die Zusammenhänge innerhalb des Arzneimittelmarkts betrifft) im Deutschlandfunk anhört: https://share.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.html?audio_id=dira_DLF_5761ac72

Es geht um die Lieferengpässe, die wir derzeit in den Apotheken haben. Es gibt ein paar ganz einfache Lösungen für die Probleme, also merkt gut auf liebe Leser was Herr Schröder, der stellvertretende Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO), uns offenbart – alles nur halb so schlimm!

  • 1. Es sind zurzeit nur etwa 300 Meldungen von Arzneimitteln die nicht lieferfähig sind gemeldet – aber “angesichts von über 60.000 Arzneimitteln ist das eine überschaubar kleine Menge”. Sprich – wir spielen das Thema gerade nur ein wenig hoch, wir Deppen. Dass es deutlich mehr Arzneimittel sind, weil eben nur die verschreibungspflichtigen Arzneimittel gemeldet werden, die nicht zu bekommen sind hat er mal eben unter den Tisch fallen lassen, der Herr Schröder. Sind ja nur Peanuts, wenn die verzweifelte Mutter mit dem Einjährigen bei uns in der Tür steht, wenn er eine Lungenentzündung hat. Kein Fiebersaft, keine Schmerzzäpfchen… aber hey – das Kind ist ja auch überschaubar klein! Genauso wie die Zahl der nicht lieferfähigen Arzneimittel.  

Dass so einige nicht lieferbare Arzneimittel gar nicht gemeldet werden, weil der Hersteller vielleicht noch 5 Packungen in seinem Lager liegen hat weiß Herr Schröder zudem ganz genau, weil er es an anderer Stelle als Randnotiz anmerkt. Da diese Information aber an dieser Stelle seiner Argumentation entgegenläuft bringt er sie hier nicht. Das zeigt mir, dass sein ganzer Auftritt im Radio nur der “Außenpolitik” der AOK dient.

  • 2. “Die Plage ist nicht dramatisch”, denn man hat ja in der Apotheke die Möglichkeit zu fragen “gibt es die nicht auch bei einem anderen Großhandel? Oder vielleicht einen anderen Hersteller”. Maaaannnn! Boah. Hammer! Da wäre ich ja niie drauf gekommen! Wir haben ja verschiedene Großhändler! Und es gibt ja nicht nur einen einzigen Hersteller! Was bin ich aber auch für ein dummes Apothekenmäuschen. Ich lade mir den Herrn Schröder gerne einmal zu uns ein, dann kann er live sehen wie ich versuche Paracetamol- oder Ibuprofensaft bei drei verschiedenen Großhändlern und allen(!) Herstellern auf dem Markt vergebens zu bestellen. Meine Güte, das klingt in meinen Ohren nach “Wenn das Volk kein Brot hat, dann soll es eben Kuchen essen”. Großartig!
  • 3. Die Einführung der Rabattarzneimittel schadet nicht dem deutschen Markt, weil die Rabattpartner ja einen Vertrag unterschrieben haben, dass sie liefern müssen, und ansonsten Strafen zu zahlen sind. Aaaah ja. Is klar. Dass die Konkurrenten platt gemacht werden, und es zu einer Konzentration auf nur wenige Hersteller kommt die etwas herstellen ist also kein Problem (s. Ibuprofen-Problematik, wenn eine von nur weltweit noch drei Fabriken abfackelt). Dieses Scheinargument ist dermaßen durchsichtig, und ich habe dazu auch schon so viel geschrieben – das ist mir die Spucke (bzw. Tastenanschläge) nicht wert.
  • 4. Das Zurückholen von innereuropäischer Produktion von Wirkstoffen und Arzneimitteln aus China, Indien oder Bangladesch ist unnötig, denn “ganz emotionslos” betrachtet schildert Herr Schröder, dass es ja auch bei uns mal brennen kann, nicht wahr? Und da hätten wir dann doch die gleichen Probleme, oder? Wir sind da ja “genau demselben Risiko ausgesetzt” meint er.  

Ganz ehrlich? Spätestens da, am Ende dieser 10 Minuten Volksverdummung möchte ich brechen. Wir brauchen hier glaube ich nicht über GMP und Arbeitssicherheit von deutschen Produktionen im Vergleich zu Fabriken in Bangladesch sprechen.

Auch hier merkt man, dass er seinen eigenen Argumenten selbst nicht glaubt, denn dass Märkte die auf internationalen Lieferketten aufgebaut sind viele Schwachstellen aufweisen, die “resilienter aufgebaut” werden müssten weiß Herr Schröder ebenfalls, denn auch das erwähnt er an anderer Stelle – nur eben nicht da, wo es seine eigene Argumentation konterkarieren würde. Dieses Interview ist eine unsinnige Zeitverschwendung gewesen, die jemandem der den ganzen Tag in der Apotheke steht um diesen ganzen hausgemachten Unsinn mit auszubaden den Puls in ungeahnte Höhen treibt.

Herr Schröder widerspricht sich in diesen 10 Minuten mehrfach selbst und hält wahlweise uns Apothekenmitarbeiter oder alle Hörer zum Narren. Es ist mir schleierhaft, warum er im Deutschlandfunk auch noch ein Forum bekommen hat, um diesen Schwachsinn loszuwerden. So. Ich gehe jetzt erst mal brechen, und danach versuche ich herauszubekommen, wo Herr Schröder seine Stammapotheke hat. Vielleicht können die ihm ja etwas Gutes empfehlen – einmal ein einwöchiges Anerkennungspraktikum an der Basis um beim nächsten Interview zu wissen, wen er da offensichtlich zu blöd hält um seinen Job korrekt zu erledigen.

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Abgesang auf die Corona-Testungen

Wieder einmal erreicht eine Verordnung ihr Ablaufdatum, und wieder sieht es so aus, als würde sie zu schlechteren Konditionen verlängert werden. Es handelt sich um die Corona-Testverordnung, die zum 25.11. 2022 endet und für weniger Vergütung verlängert werden soll. Doch wie gehen die Apotheken jetzt damit um, dass sie noch weniger Ertrag für den großen Aufwand erzielen, den sie tagtäglich neben ihrem Hauptgeschäft leisten? Spoiler Altert: wir machen dicht.

Die Vorstadtapotheke hat als eine der ersten Apotheken hier im Umkreis mit den Testungen angefangen. Wir waren in einer der ersten Online-Schulungen zum “Popeltest” ganz vorne mit dabei, und haben im Anschluss in den örtlichen Schulen und Kindergärten mehrmals wöchentlich Testungen durchgeführt. Zu Beginn sind wir dort sogar zu dritt hingefahren, zu einem Zeitpunkt an dem man noch gar nicht so genau wissen konnte, wie ansteckend das neue Virus sein wird.

Wenigen Wochen später haben wir uns unser Testzelt vor die Apotheke gestellt und die Menschen getestet, die sich über verschiedene Online-Tools oder durch Ausfüllen eines Fragebogens dazu anmeldeten. Es war stressig, aber die Angst sich anzustecken schwand mit der Zeit. So lange, bis ich mich dort tatsächlich ansteckte, aber das steht auf einem anderen Blatt…

Wir haben immer alles gegeben, uns dort auch viel Negatives anhören müssen. Aber wir haben auch mit den Menschen gelitten, denen es nicht gut ging. Wir haben Händchen gehalten und getröstet, wir haben diskutiert und uns gefreut, wenn der Test (wieder) negativ war. Alles unter Zeitdruck, denn häufig standen lange Schlangen vor dem Zelt, und wir waren irgendwann dabei nicht mehr zu dritt, sondern nur noch zu zweit und seit über einem Jahr sogar ganz alleine für die Testungen zuständig. Abwechselnd natürlich, damit es fair bleibt und im Team keine Unruhe entsteht.

Dann kam die Zeit der Zuzahlungen und Aufzahlungen zu den Tests, je nach dem für welchen Zweck sie bestimmt waren, Damit verbunden eine ganze Menge an Dokumentation, die ebenfalls gepflegt werden musste. Die Bürokratie übernahm das Steuer, und es wurde nochmals beschwerlicher und schlechter vergütet.

Inzwischen ist unser Bundesland unter einem der vieren, die die Quarantäne für Coronapositive beendet haben, und es melden sich immer weniger Menschen zur Testung an. Im Grunde nur noch diejenigen, die in ein Krankenhaus zu einer OP gehen müssen, die in Reha gehen oder in Urlaub oder auch diejenigen, die Angehörige im Pflegeheim besuchen. Es lohnt sich also schon eine Weile lang nicht mehr wirklich, der tägliche Kampf im Testzelt, aber es ist Kundenservice.  

Jetzt nähert sich aber das Ende der Testverordnung, und die Vergütung wird so schlecht, dass wir im Grunde genommen drauflegen müssen. Das ist ein Unding und nicht tragbar. Um uns herum haben schon fast alle Testhäuschen dicht gemacht, und wir haben im Grunde nur noch offen, weil die Menschen hier auf dem Land kaum noch Möglichkeiten haben, sich testen zu lassen, wenn wir auch noch gehen. Aber ist das ein guter Grund? Ich denke nicht. Wir sind nicht dafür verantwortlich, die Unterlassungen der anderen abzufedern, und sind jetzt einfach an dem Punkt angelangt, an dem auch wir die Schotten dicht machen.

Pünktlich zum 25.11. schließen sich die Pforten für die regulären Tests, und nur unsere Stammkundschaft die ihre Partner im Pflegeheim besuchen, dürfen noch zu uns kommen. Ihnen wollten wir diese Möglichkeit nicht verwehren. Alle anderen mobilen Menschen müssen sich jetzt jemand anderen suchen, der ihnen erklärt, wie lange sie jetzt als ansteckend gelten, warum der Abstrich “nur bei uns” so tief und unangenehm ist, warum ich bei schlechten Lichtverhältnissen im stehen keine Rachenabstriche mache und warum die Regierung immer so einen Sch… beschließt. 3 Jahre popeln gehen zu Ende. Ich bin nicht böse drüber…

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Nicht-lieferbar auf neuem Level

Die Erkältungssaison hat gerade erst begonnen, und ich mache täglich einen Eiertanz um den Kunden die benötigten Medikamente zu beschaffen. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten ist das nichts neues (leider), aber bei OTC-Arzneimitteln habe ich ein solches Ausmaß noch nie erlebt. Insgesamt fehlen uns inzwischen über 200 (!) Lagerartikel!

Wie man anhand der Grafik der DAZ sehen kann sind wir da nicht alleine, und ganz ehrlich? Das kostet verdammt viel Nerven!

Die Idee von Cordula Eichhorn, einer Apothekerin aus Eppstein, ist da gar nicht schlecht. Sie hat ihre sogenannte „Defektliste“ ausgedruckt und an die Tür gehängt. Einfach um zu zeigen, wo gerade unsere Probleme liegen. So einige Kunden verstehen nämlich nicht, dass das nichts mit unserem Einkaufsverhalten zu tun hat, und dass wir das nicht verhindern können.

Ein Beispiel aus dem RX-Bereich: uns fehlt ein bestimmtes Thyroxin-Präparat. Die Kundin sagt mir: „Ach, das ist kein Problem. Ich hab noch für mindestens eine Woche Tabletten da. Bis da hin sollte ja wieder Nachschub gekommen sein. Ich schaue sie an: „Eine Woche wäre schön… das voraussichtliche Lieferdatum liegt laut Firma bei März 2023.“

„Was? Wie stellen sie sich das denn vor?“

Es. Liegt. Nicht. An. Uns! Uns kostet alleine die Dokumentation und die Besorgung eines Ersatzes immense Zeit und Nerven.

Frau Eichhorn hat unter ihre Liste die Adresse des Hauses von Karl Lauterbach gesetzt, aber ich weiß nicht mal ob der der richtige Ansprechpartner ist.

Auch im OTC – Bereich sieht es dunkel aus. ACC akut, Prospan, Nurofen, DoloDobendan, Gaviscon, Aspirin complex, Wick MediNait, Zovirax, verschiedene Nasensprays, Mucosolvan, Paracetamolsäfte und – Zäpfchen bestimmter Hersteller, Buscopan Isla Moos… die Liste lässt sich immer weiter fortsetzen.

Interessanterweise bekomme ich viele Artikel auf der Liste durchaus im Versandhandel. Ich frage mich seit geraumer Zeit, ob wir nicht vielleicht hier einen der Schuldigen an der Misere suchen sollten. Und ob vielleicht ein Direkteinkauf beim Hersteller, die über eine bestimmte Menge hinausgeht gestrichen werden sollte (das machen sie bei der Vor-Ort-Apotheke ja auch).

Verantwortlich gemacht für die Misere wird wahlweise die Energiekrise, Corona, China und der Krieg in der Ukraine – oder eben alles zusammen. Die Wahrheit wird irgendwo dazwischen liegen. Hilfreich wäre es, wenn uns so manche Ärzte nicht auch noch in den Rücken fallen würden, beziehungsweise mal mit ihrem MFA sprechen. Die wissen durch ihre zahlreichen Anrufe von uns nämlich ganz genau, was derzeit nicht zu bekommen ist…

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