Nickel hat eine gute Frage gestellt in einer ihrer letzten Kommentare, über die ich eine Weile nachgedacht habe. Sie wollte wissen, ob es Szenarien(z.B. im Notdienst) gibt, bei denen ein Apotheker dringend nötig ist, bei denen eine PTA per se überfordert ist. Die erste Reaktion war: natürlich, ganz klar gibt es die! Dann habe ich nachgedacht und ich muss sagen: ich bin nicht ganz sicher.
Selbstverständlich haben uns die Apotheker sehr viel Wissen voraus. Sie wissen zum Beispiel nicht nur wie wir PTA, dass z.B. Acetylcystein den zähen Schleim der auf den Bronchien liegt verflüssigt, damit er abgehustet werden kann. Das Sekret besteht aus Mucopolysacchariden die über Disulfidbrücken verbunden sind. Diese sollen durch ACC zerstört werden, der Schleim verflüssigt und abgehustet werden können. Das kann dir eine PTA erzählen. Ein Apotheker weiß außerdem noch die anderen Namen von Acetylcystein, kennt die Strukturformel, kann genau bezeichnen wo der Wirkstoff angreift und wie er im Körper abgebaut und metabolisiert wird. Das ist zwar wichtiges Wissen was man in der Pharmaindustrie, in der Forschung, in der Medizin u.ä. braucht, aber ich wage zu behaupten, dass die so ausgebildeten Apotheker für den reinen Dienst in einer Apotheke eigentlich überqualifiziert sind. Und damit hat sich noch etwas weiteres gezeigt: als angestellter Apotheker kann man, wenn die Karriereleiter für die Arbeit in der Apotheke zu kurz erscheint auch noch in die Industrie oder die Forschung wechseln, wo einem verschiedenste Türen offen stehen. Als PTA sieht es da ganz düster aus. Da bleibt eigentlich nur die öffentliche Apotheke, eine Klinikapotheke oder eine Versandapotheke übrig, denn in der Industrie hat man CTA oder Chemikanten, die genau für diesen Arbeitsplatz ausgebildet sind, die können uns dort nicht brauchen. Ein Apotheker der sich ein neues Arbeitsfeld erschließen will kann auch an die Uni gehen oder als Lehrer an eine PTA Schule, das können und dürfen wir auch nicht. Also: wenn PTA sich gerne fortbilden möchten um in dem Umfeld aufzusteigen für das sie ausgebildet wurden, müsste keinem Apotheker ein Zacken aus der Krone brechen denke ich… So. Jetzt ist es aber auch wieder gut – es ist ohnehin sinnlos sich über etwas aufzuregen was sich während meiner Zeit wohl niemals ändern wird. Aber ich schwöre feierlich – sollte sich irgendwann die Möglichkeit ergeben dass ich mich beruflich wirklich verbessern „darf“, dann werde ich das auch tun. Und wenn ich bus dahin schon 60 Jahre alt sein sollte!
Um auf die Frage zu antworten, ich fühle mich bei manchen Kundenfragen nicht ganz sicher, frage schon mal gerne bei Kolleginnen oder dem Chef nach, wenn ich unsicher bin und auch eine Computerrecherche nichts bringt. Aber das liegt in mir und meiner Person begründet dass ich nicht alles weiß, nicht daran, dass ich PTA bin. Ich frage dabei auch meine PTA Kolleginnen um Rat, oder Maria, die ja sogar „nur“ PKA ist aber über ein äußerst breites Wissen verfügt. Also: der langen Rede kurzer Sinn… es fällt mir jetzt kein Szenario ein bei dem eine PTA durch ihr PTA – sein an sich bei einer Frage überfordert wäre, wo es ein Apotheker nicht ist. Speziell wenn die PTA vielleicht schon 10 Berufsjahre auf dem Buckel hat und ein Apotheker frisch von der Uni kommt. Notdienst ist ja nicht an Erfahrung, sondern an eine Approbationsurkunde gebunden.
Ohne mein damaliges lebendiges Lexikon (PTA mit über 10 Jahren Berufserfahrung) wäre ich in der Apo direkt nach dem Studium bestimmt über in Jahr lang nur im Wald gestanden.
Meiner Meinung nach ist die Berufserfahrung (hab inzwischen genug davon) mindestens genauso wichtig im Apothekenalltag wie die theoretischen Kenntnisse.
Ich habe genug Dienste geschoben, um zu meinen, dass eine fähige PTA das auch könnte. Ich hab aber auch genug Approbierte erlebt, die mit Diensten überfordert waren…..bzw deren Kenntnisse eingerostet waren bzw verschüttet…
Lange Schreibe kurzer Sinn: Wichtig ist, seine Kenntnisse aktiv zu pflegen, Fähigkeiten sind nicht nur durch akademische Bildung angelegt….eine gute PTA steckt eineN schlechten ApprobierteN locker in die Tasche – Du bestimmt!
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Danke für die Blumen 🙂
Die Apotheker mit denen ich bisher gearbeitet habe waren samt und sonders absolut auf dem Stand der Dinge, machen viele Fortbildungen und pflegen ihr Wissen. Ich bin jeden Tag dankbar wieder etwas dazu lernen zu können – von ihnen, den PTA und PKA – und von /durch unsere (n) Kunden.
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Da mir als Teilzeit-Approbierte (Kind und schichtender Mann) oft die Zeit fehlt, auf Abendveranstaltungen zu gehen, versuche ich, online viel zu machen, aber dran bleiben ist anders…daher lerne ich auch gerne von KollegInnen und allem was nicht schnell genug auf den Bäumen ist *gg*.
Ich denke aber eben auch, dass das Wissen darum, dass das einmal erworbenen Wissen versanden und (von der Wissenschaft, den neuen Erkenntnissen) veraltet werden kann ganz wichtig ist.
Hatte schon genug KollegInnen, die das nicht in Betracht zogen…
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Oh, vielen Dank für die ausführliche Beantwortung in einem eigenen Artikel. *blush* (Und für den Link auch. 🙂 )
Ohne eine Antwort darauf wollte ich mir keine eigene Meinung zu der Frage erlauben, ob ein/e PTA nicht auch Vertretung und Nachtdienst übernehmen könnte, wenn er oder sie dürfte. Aber wenn es so aussieht: Zeit für eine Revolution! 😉
Die Bedeutung der Berufserfahrung für den Nachtdienst (bzw alleinigen Dienst) überrascht mich doch ein wenig. Da wäre es ja eigentlich schon sinnvoller, eine Prüfung ablegen zu müssen, die die Fähigkeit zum Notdienst zertifiziert. Oder so. Also quasi auch für PTAs zugänglich.
Die fehlenden Aufstiegschancen für PTAs finde ich in Anbetracht der Tatsache, dass den Beruf scheinbar immer weniger machen wollen (sonst würde man ja nicht so händeringend suchen), ziemlich kurzsichtig und nicht zeitgemäß.
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Hrm – dafür sollte es eine Art Erstkraft-PTA geben oder so.
Eine PTA, die mit genug Berufserfahrung (>10 Jahre) und einen entsprechenden Zeugnis eines Apothekers eine spezielle Weiterbildung machen kann, die ja gerne etwas umfangreicher sein darf (x Stundensätze zu y Einheiten mit anschließender Prüfung sowie Urkunde/Zertifikat), um dann im Bedarfsfall für einige Zeit auch ohne Apotheker arbeiten darf.
Also kein Ersatz für einen angestellten Apotheker sondern jemand, der für unvorhersehbare Dinge eingesetzt werden kann. Es reicht ja schon aus, dass Apotheker A Urlaub in der tiefsten Mongolei (oder so) macht und Apotheker B einen Unfall hat – wer ist dann noch in der Apotheker? Tadadadadadada! Auftritt der Super-PTA. Oder wie im Beispiel vom Freitag: beide Apotheker krank.
Und um die Apotheker etwas weniger stutenbissig zu machen, darf diese Super-PTA dann nicht regelmäßig ohne Apotheker arbeiten – also nicht fest im Dienst… was weiß ich… jeden Samstagnachmittag und Mittwochvormittag – sondern wirklich nur, wenn mal Not an Mann ist.
Zum Ausgleich sollte Super-PTA dann auch ein höheres Gehalt bekommen – oder eben nur eine Sondervergütung, wenn sie ohne Apotheker im Einsatz ist.
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Das ist doch auch ein vernünftiger Vorschlag. Um dem Missbrauch einen Riegel vorzuschieben (Apotheker der seine Filialen nur noch mit PTA bestückt) könnte man ja die Zahl der „SuperPTA“ ja auch einfach auf zwei Stück pro Apotheke beschränken. Oder eben wie bei der Vorapprobierten die Apotheker- Ersatz- Tage auf max. 3 oder 4 Wochen pro Jahr festlegen. Wenn man das WOLLTE würde sich da schon eine Lösung finden… aber man will ja nicht…
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Ich kanns ehrlich gesagt auch nicht 100% nachvollziehen mit dem Notdienst…ich hatte meinen ersten kurz nach dem abgeschlossenen PJ (arbeite in der Industrie und helfe ab und an in den Notdiensten der ehemaligen Praktikumasapotheke aus) und habe wirklich Blut und Wasser geschwitzt. Ich fände es sinnvoll, wenn gestandene PTAs sich erweiterte Berechtigungen durch spezifische Weiterbildungen erarbeiten könnten…mit Schwerpunkten z.B. in Apothekenrecht im Besonderen (wie intensiv kommt das in der PTA-Ausbildung vor?)
Immerhin gilt glaube ich auch für PTAs die Regel, dass sie nach ein paar Jahren Berufserfahrung deas Studium ohne Abitur machen dürfen (habe ich schon öfter gehört…) ist dann immernoch das komplette Studium, aber immerhin.
PTAs springen aber öfter in der Industrie rum, als man denkt. Bei uns in der Pharmazeutischen Entwicklung (Galenik all night long) haben wir 4 PTA auf insgesamt 18 Mitarbeiter…und die sind hier deutlich besser „geeignet“ als CTAs.
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Ah ja! Ich hatte vor einigen Jahren mal bei der BASF angefragt, die hatten aber absolut kein Interesse und keinen Bedarf. Dann kam meine Anfrage bei Roche – auch Pustekuchen. Vielleicht hat sich da über die Jahre was geändert – oder ich habe einfach die falschen Firmen gefragt 🙂
Apothekenrecht hatten wir ziemlich intensiv wie ich fand, war auch ein Prüfungsfach.
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Ich bin erst seit wenigen Wochen begeisterte Leserin und erst seit knapp drei Jahren PTA. Und ich muss sagen, PTA werden viel zu wenig geschätzt. Sowohl vom Kunden wie auch Apotheker teilweise. Bin schon länger auf der Suche nach einer wirklich sinnvollen Weiterbildung/Zusatzausbildung. Das nüchterne Ergebnisse lautet: Kosten teilweise extrem viel Geld und nicht’s kommt bei rum. Ich finde es schade, dass die das nicht gebacken bekommen vernünftige Weiterbildungsmöglichkeiten zu entwickeln
Möglichkeiten gibt es ja genug
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Und was für Möglichkeiten gibt es den genug?
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Danke für die Aufklärung.
Dass ihr viel wisst, war mir natürlich vorher schon klar. Aber – und jetzt bitte nicht hauen, das beruhte einfach nur auf Unkenntnis meinerseits und nicht auf irgendeinem Standesdünkel (von wegen „nur Studierte können was“) oder sowas – dass ihr so viel pharmazeutisches Wissen habt, dass es quasi mit dem gleichzusetzen ist, was der Apotheker für den „praktischen/täglichen Gebrauch“ braucht, das war mir nicht klar. Gut, dass du das mal so klar formuliert hast, vielen Dank dafür. Ich finde, dieser Artikel müsste viel mehr Verbreitung erfahren (mangels Beteiligung an sozialen Netzwerken kann ich da leider nicht helfen).
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