Kollegoiden

Das Thema „Rezeptur“ reißt irgendwie nicht ab – und da soll nochmal jemand behaupten, die Rezeptur sei tot! Aktuell wurde uns ein Rezept hereingereicht, auf der eine Rezepturbezeichnung vermerkt war, ich nenne sie mal Wirkstoff X 3% Creme der Y Apotheke  (ohne Adressangabe). Zum Rezept wurde von der Praxis ein Zettel dazu gegeben, auf dem eine weitere Apotheke samt Adresse vermerkt war, bei der sich unsere Kundin die Rezeptur besorgen soll. Da schwillt mir doch der Kamm bei sowas! Es ist einfach nicht erlaubt, dass Arztpraxen die Patienten anweisen in eine bestimmte Apotheke zu gehen um ihre Medikamente zu holen. Aber gut – die langjährige Kundin ging damit trotzdem zu uns, und wir hätten die Rezeptur auch gerne angefertigt, wenn wir denn die Zusammensetzung der Creme gekannt hätten. Zu diesem Zweck rief Sandra gestern nachmittag noch in der Apotheke an, die die Praxis zur Abholung „empfohlen“ hatte, um nach der vollständigen Rezeptur zu fragen. Dort war zunächst wohl eine PKA in der Leitung, die herumstotterte, sie kenne die Rezeptur nicht, und die PTA sei leider gerade nicht da. Sehr glaubwürdig kam das nicht rüber, also fragte Sandra nach dem Apothekenleiter. Dieser hielt es jedoch nicht für nötig mit ihr zu sprechen, und ließ ihr ausrichten, die Rezeptur sei „geheim“, aber unsere Kundin könne sie bei ihnen bestellen und bezahlen, sie hätten auch eine Versandhandelserlaubnis. Dass der Kollegoide dabei gegen mehrere Gesetze verstößt sollte ihm eigentlich klar sein.
Einmal verstößt er gegen Paragraf 10 des Apothekengesetzes,

„Der Erlaubnisinhaber darf sich nicht verpflichten, bestimmte Arzneimittel ausschließlich oder bevorzugt anzubieten oder abzugeben (…)“

einmal gegen Paragraf 11

Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken dürfen mit Ärzten (…) keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben“

Sandra beließ es erst einmal bei dieser Auskunft und schrieb mir den Vorfall ins Übergabebuch, denn die verschreibende Arztpraxis war nicht mehr telefonisch zu erreichen. Sie suchte noch Beispielrezepturen für Cremes mit diesem Wirkstoff aus dem NRF, so dass ich heute früh bestens präpariert beim Arzt anrufen konnte. Ich fragte die MFA erst einmal höflich, ob sie mir denn die Zusammensetzung dieser Creme nennen könne, und sie bejahte zunächst und ließ mich einen Moment mit Pausenmusik alleine. Als sie wieder am Apparat war, stotterte sie wie die PKA sie hätte die Zusammensetzung der Rezeptur nun doch nicht. Die Patientin hätte sie doch bei der Y- Apotheke holen sollen. Ich wies sie kurz darauf hin, dass dieses Vorgehen sowohl von der Praxis, als auch von der Apotheke gesetzeswidrig ist, und fragte sie, ob ihr Chef tatsächlich eine Rezeptur verordnet, deren Zusammensetzung er gar nicht kennt. Sie meinte, sie würden nur dorthin verweisen, weil die Apotheke die „einzige“ sei, die das herstellen „kann“ weil die Creme so kompliziert wäre. Und dann kam mein Lieblingsspruch für den ich gerne jedes mal Geld bekommen würde wenn ich ihn höre

„Außerdem machen wir das schon immer so.“

Waaaaah! Das macht die Sache nicht besser, sondern um so schlimmer!
Ich erklärte ihr, dass es mindestens 3 verschiedene Rezepturen gibt, die ganz einfach von jeder Apotheke zubereitet werden können, und sie meinte, dann dürften wir uns davon eine aussuchen, es käme ihnen nur auf den Wirkstoff und dessen Konzentration an, der Rest sei egal. Fantastisch. Also suchte ich mir eine NRF Rezeptur aus – die unkomplizierteste natürlich – und fragte bei meinen studierten Kollegen nach, ob das so passt. Sandra und der Chef hätten unabhängig voneinander die selbe Rezeptur herausgesucht, und so war sie in 10 Minuten hergestellt, die komplizierte Creme. Der Chef überlegt noch, sich mit dem Kollegoiden auseinander zu setzen und ihn auf die Rechtslage aufmerksam zu machen. Unnötig anstrengend ist sowas!

Über ptachen

PTA mit Leib und Seele.
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5 Antworten zu Kollegoiden

  1. -thh schreibt:

    Die Ärztekammer ist an solchen Berufsrechtsverstößen (§ 31 Abs. 2 MBO-Ärzte) in der Regel durchaus interessiert. Noch interessanter wird es natürlich, wenn für die bevorzugte Berücksichtigung der Apotheke Zuwendungen an die Praxis fließen sollten …

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  2. Wölfchen schreibt:

    Die arme MFA, die da ins Fettnäpfchen getreten ist (will euch helfen, darf aber vom Chef aus nicht). :/

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  3. Delilah schreibt:

    Gibt es nicht einen anderen Gesetzestext, der „Hausspezialitäten“ verbietet?
    Und wie etikettieren die denn dann? Lassen sie „alle Bestandteile nach Art und Menge“ einfach weg, weil das ja geheim ist? Unmögliches und gesetzeswidriges Verhalten sowas!

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  4. squirrel1976 schreibt:

    So eine „Kooperation“ gibt es hier im Ort auch. Da finde ich es sogar noch dreister, weil Hautarzt und Apothekerin verwandt sind und im gleichen Gebäude arbeiten.
    Auf dem Rezept steht dann „Xy-Creme nach Dr.Dr. Hautarzt“. Zudem empfiehlt er seinen Patienten diverse andere Cremes und Lotionen zur Pflege, die auch offiziell im Handel sind. Hergestellt in…na, welcher Apotheke? Und auch nur dort zu beziehen.
    Auf Nachfrage, wie wir für einen Kunden da dran kämen, sagte man mir, wir könnten den Kunden ja zurück zu ihnen schicken, selbst vorbei kommen oder das Zeugs schicken lassen. Zuzüglich Versand selbstverständlich.

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  5. ednong schreibt:

    Oberdreist.
    Den Vorfall würde ich glatt einer entsprechenden Aufsichtsbehörde melden. Sollen die sich damit rumschlagen. Oder eben als anonyme Anzeige dort plazieren.

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