Es hat zwar nicht viel mit der Apotheke zu tun, aber ich muss das einmal loswerden.
Auf dem Rückweg von der VISION.A saß ich im Zug in einem voll besetzten Abteil und habe etwas erlebt, was man üblicherweise nicht einmal nach der 500. Zugfahrt seines Lebens erlebt. Zunächst stellte sich heraus, dass ich falsch saß – nämlich auf Sitz 116 aber in Wagen 2 und nicht in Wagen 4 wie ich reserviert hatte. Eine Mitfahrerin schaute außen auf der Anzeige nach, ob alles reserviert ist und stellte dabei fest, dass ein Sitz frei war und der Rest der Mitreisenden nun für 4- 5 Stunden zusammen verbringen würde.
Kurz nach dieser Feststellung fragte der nette Herr, der beinahe alle Koffer im Gepackbereich oben verstaut hatte, ob jemand etwas aus seiner Haribo- Tüte haben möchte. Sie sei auch noch nicht angebrochen. Wir verneinten und widmeten uns unserer Lektüre/Smartphone etc.
Dann fing er an zu erzählen warum er in Berlin war (Digitalisierungskonferenz im Telekommunikationsbereich) und fragte eine der Mitreisenden, was sie eigentlich im Koffer hatte, weil dieser so schwer war. Ob dieser Indiskretion waren wir erst einmal sprachlos. Die Dame reagierte auch recht kühl
„Keine Sorge, es waren weder Backsteine noch Goldbarren“
„Was machen Sie denn beruflich?“
„Sind Sie immer so neugierig?“
“ Ja – aber normalerweise traue ich mich nicht zu fragen. Ich komme immer schlecht mit unbekannten Menschen ins Gespräch.“
„Dann fragen Sie doch erst einmal die anderen.“
„Ok. Warum waren Sie in Berlin, und was machen sie beruflich?“
Einer nach dem anderen erzählten wir grinsend über unseren Beruf, und warum wir in Berlin waren. Einer war Busfahrer und lebte 23 Jahre in Berlin, zog dann wegen der Kinder in ein kleines Kaff und hat sich nun wieder dort um Arbeit bemüht.
„Die haben uns dort so ein Flüchtlingsheim reingesetzt – ich darf das ja sagen, ich bin auch Ausländer – und da hab ich gedacht wenn das hier genau so assi wird wie in Berlin, dann kann ich auch wieder zurück gehen. Da ist am Wochenende wenigstens was los.“
Eine andere Dame ist Steuerfachangestellte und in der Jugendförderung beim Eishockey aktiv. Daher war sie in Berlin.
Der fragende Herr selbst war bei einem Telekommunikationsunternehmen angestellt und wegen einer Konferenz in Berlin.
Ich sagte ebenso grinsend mein Sprüchlein auf.
Dann waren die verbliebenen Damen an der Reihe, die Kolleginnen waren. Sie kamen vom Landesrechnungshof und waren wegen einer Revision in der Hauptstadt. Das Schwere im Koffer waren Akten.
Im Laufe der Stunden unterhielten wir uns über alles mögliche (Energiepolitik, Eishockey, Digitalisierung, was die Apotheken vor Ort alles leisten, Steuerverschwendung, Kommunikation, E- Autos, die Flüchtlingsproblematik, Familie, Erlebnisse auf Bahnfahrten, das Silicon Valley und wo man in Berlin gut essen gehen kann).
Dann ging es weiter mit Urlaub und jeder von uns erzählte den anderen wo er letztes Jahr war, und wo er dieses Jahr hinfahren möchte.
Wir haben viel gelacht, erzählt und am Schluss festgestellt, dass die Fahrt uns nicht einmal halb so lange vorgekommen war wie sonst. Kommunikation und zwischenmenschliche Wärme – sich gegenseitig aufmerksam zuhören auch wenn man sich nicht kennt. Das ist das „Pfund mit dem die Apotheke vor Ort wuchern muss“ – so klingt es mir noch in den Ohren. „Sein Gesicht zeigen“. Danke Ralf König und Jan Reuter – ihr habt vollkommen Recht gehabt!
Als wir uns dann verabschiedeten sagte eine Dame vom Landesrechnungshof, dass sie eigentlich ständig auf die versteckte Kamera gewartet hatte, denn sowas erleben wir wohl kein zweites Mal. Schade eigentlich!
Das klingt sehr viel netter, als die sehr seltsame Begegnung, die ich vor Jahren mit einem jungen Israeli im Zug hatte. Er beschuldigte mich Nazi zu sein, meine Eltern hätten Juden ermordet und jetzt würden wir Deutschen diese schrecklichen Araber und Türken bei uns aufnehmen und tolerieren. Die sollten wir doch alle in KZs stecken und töten.
Was war ich froh, als ich endlich aussteigen konnte…..
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