Wann ist mal Schluss mit digital?

Es ist quasi nur eine weitere Neuerung auf dem großen Markt der körperlichen Überwachungssysteme, denen wir uns (noch) freiwillig hingeben. Nach den Fitness Apps gepaart mit diversen armbanduhrartigen „Handfesseln“ gibt es wieder mal etwas Neues: ein kleiner Sensor, der auf einen Zahn geklebt wird. Er „erinnert“ uns durch die Analyse dessen was wir zu uns nehmen daran, dass wir heute ausreichend Zucker, Fett oder Alkohol zu uns genommen haben. Super Sache, oder? Unser Armband teilt uns und sämtlichen „friends“ bei Facebook mit, wieviele runtastischen Kilometer wir in der Mittagspause gelaufen sind, während der Zahn Alarm schlägt wenn wir das zweite Glas Rotwein ansetzen. Und ich will gar nicht darauf eingehen was so ein digitaler Kalorienzähler bei Menschen anrichten kann, die ohnehin bereits an Essstörungen leiden!

Auf der Digitalkonferenz VISION.A habe ich erfahren, dass über diese Lauf- Apps bereits einige eigentlich geheime militärische Stützpunkte in den USA aufgeflogen sind. Konnte ja jeder den es interessiert bei Facebook in Echtzeit nachvollziehen, wohin die Soldaten nach dem Joggen hingelaufen sind. Echt intelligent diese Systeme – wären wir es doch besser auch!

Hauptsache jeder setzt sich noch so eine nette Wanze ins Wohnzimmer und fängt auch noch an mit ihr zu kommunizieren. „Ne Alexa… Du erzählst niemandem was Du hier hörst? Neeeeein!“ Ach ja… Alexa – die kann wenigstens nur hören und nicht sehen im Gegensatz zum alltäglichen Whatsapp. Das hat auch noch Zugriff auf unsere Kamera und das Mikrofon, und das jederzeit und uneingeschränkt. Musste jeder von uns Usern absegnen – aber wer liest denn noch AGBen?

Gut – man kann jetzt damit argumentieren dass das alles freiwillig passiert und wir in einer Demokratie leben. Aber ist das in Stein gemeißelt? Kann sich die Gegenwart nicht jederzeit verändern? Und bereiten wir mit dieser ach so freiwilligen Art Fremden Einblicke in unser privatestes Selbst zu geben nicht einem totalitären Regime aufs perfekteste den Boden?

Würde Amazon/Google/Facebook/Apple irgendwann einmal den Anspruch erheben regieren zu wollen (Ich weiß das klingt jetzt sehr weit hergeholt, aber bitte trotzdem einmal darüber nachdenken) oder irgendein Diktator würde diese dafür missbrauchen – er hätte bereits gewonnen. Wir lassen uns freiwillig rund um die Uhr belauschen, begucken, bewerten. Und wieso? Aus Geltungssucht und Bequemlichkeit.

Ich bitte um ein kleines bisschen Überlegtheit und gesunden Menschenverstand bei der Anschaffung des nächsten digitalen Gadgets. Danke schön.

Über ptachen

PTA mit Leib und Seele.
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3 Antworten zu Wann ist mal Schluss mit digital?

  1. Shark schreibt:

    Bin ganz deiner Meinung. Aber wenn man so eine Haltung vertritt, wird man von den „Digital nativs“, die damit angewachsen sind und es nicht anders kennen, schnell als Verschwörungstheoretiker angesehen.

    Komisch, wie schnell sich die Zeiten ändern. Vor einer Generation noch „Volkszählungsboykott“ und nun ist es den meisten Menschen sogar ein Bedürfnis, der Welt von ihrem Privatleben jederzeit alles mitzuteilen.

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  2. EmilieSchn8 schreibt:

    Letztens wird hier noch die Digitalisierung in Form des Medikamentenüberwachers und diverse Apps gehypt, die Ihnen das Berufsleben erleichtern, heute ist dann alles schlecht, wenn es nicht einen „tieferen“ Sinn hat… Komisch!
    Diese Laufapps hätten einfach auf privat gestellt werden müssen – Intelligenz ist dann in der Form tatsächlich von Nöten. Ich bezweifle, dass Essgestörte genügend Kalorien zu sich nehmen, um einen Kalorienalarm auszulösen. Und was für ein emporstrebender Diktator das sein müsste, der die wirklich vielen Informationen, die Millionen von Menschen freiwillig teilen, in wichtig und unwichtig aussieben, einkategorisieren und für seine Zwecke nutzbar machen würde… Normalerweise lese ich hier ja gerne, aber das ist mir dann doch mal etwas zu viel.

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  3. Nanny Ogg schreibt:

    Ich gelte bei manchen in meiner Umgebung als seltsam, denn ich nutze weder Facebook noch Whatsapp, von den anderen digitalen Spielzeugen, die mein Privatleben vermarkten ganz zu schweigen.
    Im Netz habe ich diesen Nick für Weblog-Kommentare, für jedes Forum einen eigenen Nick und fürs Online-Shopping wieder einen anderen.

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