Es ist ein Kreuz mit der Nahrungsergänzung. Zuerst kommen die Kapseln, Tabletten oder Tropfen sehr ambitioniert auf den Markt. Was wird da nicht alles zu Beginn versprochen, was sich dann im Laufe der Zeit als unhaltbar erweist. Am Ende ist so einiges dann auf einmal nicht nur nicht wirksam, sondern sogar regelrecht schädlich. Krebserregend zum Beispiel.
Ich nenne hier mal die vor Jahren so beliebten Vitamin A Kapseln. Die sollten vor allem für Raucher empfohlen werden – was ich auch fleißig tat – zur Vorbeugung von Lungenkrebs. Dann kam die große Studie die das allen Zweiflern hieb und stichfest beweisen sollte. Sie wurde abgebrochen, weil tatsächlich signifikant mehr Raucher in der Verum-Gruppe an Krebs erkrankten. Somit waren sie natürlich raus aus der Empfehlung. Ich hatte sie jedoch bis dato besten Wissens und Gewissens an unsere Kunden verkauft.
Ganz so tragisch ist es nun beim aktuellen Fall nicht: die Omega-3 Kapseln. Auch hier ging unsere Empfehlung immer an Personen mit hohem Blutdruck und hohen Cholesterinwerten raus. Dann kam die erste Studie – das Fazit: unwirksam. So. Und wir in der Apotheke würden die Fischölkapseln jetzt am liebsten einpacken und dem Vertreter mitgeben.
Was soll ich eigentlich antworten wenn mich ein Kunde fragt warum ich das empfohlen habe und wofür er das ganze Geld ausgegeben hat? Blöde Situation. Ich merke mir also: nicht weiterempfehlen dat Zeuch.
Hier tritt nun Studie Nummer zwei auf den Plan: bei Hochrisikopatienten sind sie nun doch signifikant wirksam. Und diese Studie scheint ebenfalls sehr seriös zu sein.
Was jetzt? Hopp oder Top? Die Verbraucherzentrale rät weiterhin von der Einnahme ab und nennt dafür auch nachvollziehbare Gründe. Und was mache ich jetzt? Ich lasse die Fischölkapseln doch im Regal stehen und empfehle Kunden die bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall hatten mit ihrem Arzt über die Supplementierung zu sprechen. Von mir aus empfehlen kann ich es jedenfalls nicht.
Auch bei hochdosierten Vitaminen die über längere Zeit eingenommen werden tu ich mich schwer. Vor allem nach der Erfahrung mit Vitamin A. Im Internet wird das nicht so eng gesehen und besonders Vitamin D Präparate werden weiterhin fröhlich in Dosierungen verkauft bei denen es mir die Fußnägel hochrollt. Vor kurzem kam ein junger Mann und wollte die 50.000I.E. zur täglichen Einnahme ohne Rezept kaufen weil er die bei Amazon doch auch so bekommt. Ich kann nur hoffen, daß die nicht „echt“ sind.
Abschließend kann ich nur feststellen, dass der Verkauf von Nahrungsergänzung für mich ein Mienenfeld ist. Die Schere zwischen Krebs und unwirksam ist jedenfalls verdammt groß…
Naja.. Bei der ASCEND-Studie wurde z.B. als „Placebo“ Olivenöl statt Fischöl verwendet, dem auch eine positive Wirkung nachgesagt wird, statt beispielsweise medizinischem Weißöl.
Systematisch gibt es auch bei großen Studien gelegentlich Mängel..
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Höchstdosiertes Vitamin D ist ein verdammt heißes Eisen.
– In den USA gab es erst Anfang diesen Jahres eine Rückrufaktion von Hundefutter, da einige Hunde an einer Vit.-D-Überdosis gestorben sind. ( https://www.stern.de/panorama/wissen/weltweiter-rueckruf-von-hundefutter–hill-s-hat-probleme-mit-vitamin-d-8566522.html )
– Überdosierungen sind ohne Schwierigkeiten möglich und können extreme (Neben)Wirkungen hervorrufen
– Erst vor zwei oder drei Jahren gab es jemanden, der sich (angeblich) mit akutem Nierenversagen selbst aus dem Leben genommen hat mittels Vit-D-Überdosierung (Hyperclaciämie). Ich finde leider keinen passenden Artikel mehr dazu. Die Frage ist, ob da eventuell mehrere Nahrungsergänzungsmittel parallel eingenommen wurden.
Fettlösliche Vitamine sind immer kritisch, da der Körper sie eben nicht einfach wieder „los“ werden kann. Von Hochdosierungen ohne ärztliche Begleitung rate ich prinzipiell ab.
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Toller Beitrag! Gerade erst über google gefunden
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Danke Lea!
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