Zum Thema (un)-sensibilität

Gerade wenn man mit kranken Menschen zu tun hat, sollte man sensibel mit diesen umgehen. Sie sind häufig besonders verletzlich, und das schlägt bekanntlich schnell entweder in Aggression, oder bei zarter Besaiteteren in Verzweiflung um, besonders wenn man sich zu deutlich im Ton vergreift. Und doch gibt es eine Berufsgruppe, die sich hier häufig nicht gerade mit Ruhm bekleckert: die Ärzte.

Hier ein paar Beispiele, wie es bitte nicht laufen sollte:

1. Der Augenarzt

Über den Umgang eines Augenarztes mit meiner Mutter hatte ich vor etwa einem Jahr schon etwas geschrieben: sie hatte sich ein Yuccapalmenblatt in den Augapfel gespießt und war blutend zu ihrem Augenarzt gefahren. Der pflaumte sie erst einmal an, was ihr denn einfiele – jetzt erst nach fast 3 Jahren wieder zu kommen! Sie hätte ja schon lange wieder eine Glaukomuntersuchung benötigt (IGEL- Leistung zum selbst zahlen), und auch sonst sollte sie mindestens jährlich zur Kontrolle kommen. Das könne man ja jetzt noch schnell machen.

Meine Mutter war perplex und erklärte ihm, dass sie ert einmal vorrangig wegen ihrem stark blutenden Auge hier sei. Brummig erklärte er sich bereit zu helfen, motzte aber den Rest der Untersuchung weiter und verschrieb eine Ofloxacin Augensalbe, die sie eine Woche lang benutzen sollte.

Drei Tage später ging es ihr wieder schlechter, das Auge tat weh. Meine Mutter war unsicher und rief in der Praxis an – die Arzthelferin meinte, es sei sicherer vorbei zu kommen und sich das Auge ansehen zu lassen.

Im Behandlungsraum wurde sie vom Arzt angebrüllt (!) warum sie schon wieder hier sei. Er hätte doch gesagt, sie solle nach einer Woche wiederkommen und nicht früher. Meine Mutter erklärte ihm, dass sie Schmerzen hatte und extra vorher angerufen hat woraufhin es hieß, dass sie vorbeikommen soll. Der Arzt lachte, und fragte:

„Und die Arzthelferin ist so kompetent dass sie meinen Job machen kann oder was? Gehen Sie, ich schau mir das jetzt NICHT an.“

Obwohl er nochmals darum gebeten wurde nachzusehen weigerte er sich und schickte sie nach Hause.

2: Der Neurologe

Ein etwa 80 jähriger Kunde kam sichtlich aufgewühlt in die Apotheke. Wir sprachen ihn auf seine offensichtlich schlechte Verfassung an, und da platzte alles aus ihm heraus. Seine Frau leidet seit ein paar Jahren unter Demenz, und hatte vor ein paar Wochen einen leichten Schlaganfall erlitten. Dies wurde deutlich zu spät bemerkt um ihr optimal helfen zu können, und so fand sich das Paar beim Neurologen ein, der sich den Befund der Klinik genauer betrachtete.

Bereits als die beiden gebrechlichen Menschen das Behandlungszimmer betreten wollten rief er ihnen bei geöffneter Tür entgegen: „Ich kann hier gar nichts mehr machen. Ich weiß eigentlich nicht was sie hier wollen. Da hätten sie früher kommen sollen. Hier ist nichts mehr zu retten, das sage ich ihnen gleich.“

Während unser Kunde das erzählte brach er in Tränen aus. „Das kann er doch so nicht sagen! Ich habe es doch einfach nicht früher gemerkt, dass da was nicht stimmt, sonst wäre ich doch eher da gewesen. Was heißt das überhaupt, man kann nichts mehr machen? Soll ich sie sterben lassen jetzt? Bin ich jetzt Schuld daran, dass sie sterben muss?“

Beispiel 3: Der Klinikarzt

Eine Freundin von mir lebt mit einer Krankheit, die es nötig macht, dass sie sich einmal im Jahr in einer Spezialabteilung eines Krankenhauses durchchecken lässt. Nach ihrem letzten Besuch dort kam sie komplett nassgeweint vorbei. Offenbar sind ihre Calciumwerte seit Jahren sehr schlecht, was für die Knochen natürlich alles andere als gut ist.

Der Klinikarzt hat ihr das etwa so mitgeteilt: „Oh Mann… die Werte sind ja unterirdisch schlecht! Und das schon seit über 10 Jahren! Hat ihnen das noch niemand gesagt? Das kann ich gar nicht verstehen. Ob da jetzt noch was zu retten ist…?“

Bitte bitte liebe Ärzte, besucht nicht nur Fachfortbildungen, sondern auch ab und zu mal ein Training bezüglich Empathie. Das waren jetzt drei eher drastische Beispiele, aber es ist oft auch der Alltag, bei dem es einfach im Umgang mit dem Patienten hapert.

Bei meinem letzten Arztbesuch (Kehlkopfentzündung) wurde ich erst gefragt: „Und was soll ich da jetzt für sie tun?“ und später kam dann: „Dann verschreibe ich ihnen ein Antibiotikum, das ist es ja, was sie von mir erwarten.“

Nein – das erwarte ich nicht. Ich erwarte aber, dass ich besonders wenn es sich um etwas für mich schwerwiegendes handelt (Verletzung oder lebensgefährdende Erkrankung) ernst genommen werde. Dass mich jemand bei der Hand nimmt, und mir auf meinem Weg hilft. Ich erwarte nicht getragen zu werden, aber es wäre schön, einen Stock gereicht zu bekommen der den Gang erleichtert. Oder zumindest ein Taschentuch…

Über ptachen

PTA mit Leib und Seele.
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16 Antworten zu Zum Thema (un)-sensibilität

  1. Naya schreibt:

    Oh man, das Beispiel vom Augenarzt ist ja gruselig! Ich hoffe, es gibt in erreichbarer Nähe noch eine Alternative und deine Mutter ist nicht zwingend auf genau diesen angewiesen!

    Aber Ähnliches, wenn auch zum Glück nicht so Extremes, kenn ich leider auch.
    Und dann wundern sich einige, warum Heilpraktiker und Co so einen Zuspruch haben! Es ist ja nicht nur die Zeit, die die sich meist mehr nehmen (können), sondern viele sollen ja auch deutlich empathischer als einige Ärzte auftreten. Etwas Empathie würd ja auch gar nicht viel mehr Zeit kosten als solch eine unfreundliche Abfertigung, und könnte so viel ausrichten …

    Btw, wo wir bei nützlichen Fortbildungen sind: verständliche, sachliche und korrekte Arztbriefe und Krankheitsbeschreibungen verfassen zu können, sollte man auch auf die Liste setzen. Grad im SPIEGEL gelesen, daß da leider auch einiges im Argen liegt, weil vieles unnötig kompliziert und damit für Weiterbehandler schwer verständlich geschrieben wird, Abkürzungen ganz unterschiedliche Bedeutungen haben können, Mehrfachmedikamentionen nicht überprüft werden, …

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  2. nickel schreibt:

    Wow, alle drei Beispiele sind wirklich unterste Schublade.
    Meine ehemalige Hausärztin teilte mir, die sowieso schon mit der Fassung rang und NICHTS mehr im Alltag fertig bekam, da ich eine massive depressive Episode hatte (und dafür schon 2 Therapien hinte rmir hatte, inklusive Diagnose) „Sie haben keine Depression. Machen Sie es sich mal nicht so einfach. Ich schreibe Sie jetzt für 2 Tage krank, aber danach muss das wieder gehen!“ Ja nee ist klar, blöde Ziege. Seitdem hat sie mich nie wieder gesehen. Empathisch ist was anderes. Eine psychische Erkrankung so abzutun ist jedenfalls extrem unprofessionell.

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  3. sbocean schreibt:

    Meine negative Erfahrung die am schlimmsten war:

    Neurologe nehmen sie 20kg ab dann sind die von ihrem Erhöhten Hirndruck geheilt!
    Jetzt 1 Jahr später und ein paar Kilo leichter ist das Hirndruck Problem schlimmer als vorher. Und eine Lösung die nicht alle 8 Wochen eine Lumbalpunktion bedeutet ist nicht in Sicht weil der Neurologe so dickköpfig ist.

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    • gedankenknick schreibt:

      Da sollte man mal mit ner Uniklinik drüber reden. Ferndiagnosen sind zwar nicht sinnig, aber für mich hört sich das schwer nach einer Indikation für einen Cerebralshunt an.
      https://de.wikipedia.org/wiki/Cerebralshunt

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      • sbocean schreibt:

        Ich will den Shunt ja schon seit 6 Monaten haben. Aber noch niemand gefunden bei dem ich auf den Optisch hüpfen kann.
        Der letzte Neurochirurg meinte ich wäre mit 31 Jahren zu jung für die OP. 🙄
        Klinik Empfehlung für Bayern nehme ich gerne entgegen.

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      • gedankenknick schreibt:

        Eine Klinik-Empfehlung kann ich leider nicht geben, da ich aus einer ganz anderen Ecke Deutschland komme. Mich wundert nur das ganze Prozedere. Klar sind die potentiellen Komplikationen nicht ohne bei so einem heftigen Eingriff, aber warum dermaßen gemauert wird kann ich nicht wirklich verstehen. Ich wünsche aber alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft.

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      • sbocean schreibt:

        Danke,
        ich Teste weiter fleißig die Unikliniken in Bayern durch. Die letzte Uniklinik hatte mich nach 6 Stunden vor die Tür gesetzt obwohl mich ein RTW mit Notarzt dort abgeladen hat. Bin auf Arbeit aufgrund des hohen Hirndruck umgekippt.

        Den ihr Kommentar von der Neurologin in der Notaufnahme war nur sie sind ja sonst in der Klinik in der nächsten Großstadt( 81km entfernt) in Behandlung. Fahren Sie auf jeden Fall noch heute dahin in die Notaufnahme.
        Super, war kaum fähig zu laufen.
        Übrigens die andere Klinik hat auch nix gemacht, wie schon die letzten 12 Monate.

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      • ptachen schreibt:

        Unglaublich unverschämt!!!

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      • gedankenknick schreibt:

        Dieser Verlauf der Ereignisse tut mir echt leid, und ich empfinde ihn als zutiefst bedauerlich und peinlich für das deutsche Gesundheitswesen. Manchmal kann man es einfach nicht fassen…

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      • sbocean schreibt:

        Es gab leider 12 Tage nach der ersten RTW Tour nochmal eine RTW Fahrt von der Arbeit ins Krankenhaus.
        Mittlerweile habe ich einen guten Arzt gefunden. OP Termin steht auch schon fest für den VP-Shunt. Jetzt kann nur alles besser werden.

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      • gedankenknick schreibt:

        Ich drücke meine Daumen und wünsche alles Gute für die Zukunft!

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      • sbocean schreibt:

        1 Tage vor der geplanten Shunt OP, Vorbereitung (Op + Narkose Aufklärung, Navigations Bilder) alles erledigt dann kommt der Oberarzt an.
        Und sagt er Sie sind kein Fall nach dem Lehrbuch. Und ich operiere nach Lehrbuch bei ihnen habe ich ein schlechtes Bauchgefühl deswegen operiere ich sie nicht!

        Ich bin immer noch geschockt und total durcheinander.

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      • ptachen schreibt:

        Das ist ja nicht zu fassen!!! Es tut mir sehr leid, dass Du jetzt wieder in der Luft hängst 😦
        Da kann man echt den Glauben an die Ärzte verlieren. Operiert nur nach Lehrbuch, das ist ja eine unmögliche Aussage! Alles Gute!

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  4. ednong schreibt:

    Ich entsinne mich. Deppenarzt mußte ich nochmal nachgucken. Ich hoffe, es hat zur Meldung bei der Ärztekammer damals gereicht. Die Beispiele 2 und 3 zeigen ebenfalls deutlich, dass diese Ärzte wohl besser keinen Kundenkontrakt haben sollten …

    Beruf verfehlt, meiner Meinung nach.

    Gefällt 1 Person

  5. Judi schreibt:

    Wow, was deine Mutter da über sich ergehen lassen musste ist ja allerunterste Schublade.
    Ich bin ja immer bemüht alles so positiv wie möglich zu sehen, aber da finde ich auch keine Entschuldigung mehr.

    Mein persönliches Highlight war der Neurologe bei dem ich auch ambulant in Behandlung war und der mich dann konsiliarisch stationär „untersuchen“ sollte. Zwei Minuten, keine Untersuchung, Kommentar „Kopfweh hat jeder mal, aber wenn es sie beruhigt bleiben sie halt heute Nacht hier“. Am nächsten Tag hat er sich dann immerhin mal den Befund vom MRT angesehen, das in der Notaufnahme gemacht worden war (natürlich nur den Befund, nicht die Bilder, dabei auch noch die 3 entscheidenden Wörter übersehen) und mich an eine Klinik mit neurologischer Abteilung überwiesen. Wieder ohne Untersuchung, kam nur noch uns meinte „Auf den Bildern ist irgendwas, ich überweis sie mal weiter“. Ich bekam keinerlei Berichte mit, Transport zwar mit DRK aber in normalem Auto ohne „Fachpersonal“, in der nächsten Klinik war ich nicht angekündigt und wurde auch erstmal nur auf ein Zimmer gebracht und mit Paracetamol abgefüllt, hatte ja nur Kopfschmerzen.
    Die aktive Hirnblutung hatte der erstbehandelnde Neurologe halt irgendwie „übersehen“.

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  6. Sabine schreibt:

    Unsere Patienten erzählen regelmäßig, dass Ärzte meinen, dass das in Ihrem Alter normal ist bzw. dass sie zu dick und deswegen krank sind. Bumms, aus, gehnse wieder. Alltag.

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