Das Thema “Pilze” geistert schon eine ganze Weile in meinem Hinterkopf herum – damit man mich richtig versteht, es geht mir nicht Vital- oder Heilpilze oder um Fuß- und Nagelpilz, sondern um essbare und giftige Pilze des Waldes und der Wiesen. Die Welt der Pilze ist unglaublich groß und faszinierend, und welchen Einfluss dieses versteckte Reich unter dem Waldboden hat ist gigantisch. Nicht umsonst spricht Peter Wohlleben vom www als dem wood-wide-web, das für die Kommunikation der Bäume untereinander unentbehrlich ist.
Was mich aber in fachlicher Hinsicht so interessiert, das fing vor etwa 20 Jahren an, als ein enthusiastischer Pilzsammler mit einem vollen Korb brauner, gelber und weißer Pilze in die Apotheke trat. Er hievte seinen Sammlerkorb auf den HV-Tisch und rief: “Einmal alles bestimmen bitte!” Ich muss ziemlich kariert geschaut haben. “Wie bitte? Was soll ich tun?”
Der Kunde war völlig verdattert und enttäuscht, dass ich mich mit Pilzen gar nicht auskenne, und auch mein Chef damals so gar keine Erfahrung damit vorweisen konnte. Auch konnten wir ihm nicht weiterhelfen, an wen er sich nun mit seinen Fragen wenden kann. Er behauptete, dort wo er herkäme würden das ALLE Apotheken machen.
Das wagte ich damals wie heute zu bezweifeln, aber meine Neugierde war grundsätzlich geweckt. Während meiner Ausbildung haben wir so gut wie nichts über Pilze gelernt, während des Studiums sind sie offenbar auch kein Thema – wenn man von Vergiftungen durch die selbigen absieht natürlich. Hier ist mir lediglich noch hängengeblieben, dass der Wirkstoff der Mariendistel – Silibinin – als Antidot gegen Knollenblätterpilzvergiftungen eingesetzt wird. Silibinin verhindert, dass das Gift durch die Membran der Leberzellen eindringt, indem es spezielle Rezeptoren hemmt. Das fand ich damals schon schön, dass die Natur zu (fast) jedem Gift auch ein Gegenmittel parat hält. Das passt auch zu der weltverändernden Entdeckung des Bakteriologen Alexander Fleming, der 1928 zufällig in einer Staphylokokken-Kultur einen Schimmelpilz entdeckte, der Bakterien töten konnte. Pilze sind also auch pharmakologisch hochinteressant was ihre Heilwirkung angeht.
Zurück zu meinem Pilzkorb von damals: Heutzutage hätte ich dann mal eben schnell im Internet nachgesehen, wo sich die nächste Anlaufstelle der DGfM befindet – wo also der nächste Sachverständige der Deutschen Gesellschaft für Mykologie sitzt. Das erscheint mir jedenfalls deutlich sicherer, als sich auf Apps zu verlassen, die jegliche Mitverantwortung an resultierenden Vergiftungen ablehnen.

Ja, auch ich habe mir eine solche App auf das Handy geladen, aber nur zu meinem “Privatvergnügen”, wenn ich mal wieder herausfinden möchte, was da so schön aus dem Rindenmulch in meinem Garten herausragt.

Spoiler-Alert: es war noch nichts wirklich Leckeres dabei – leider.
Niemals würde ich es wagen mit einer solchen App eine sichere Bestimmung vorzunehmen, schon gar nicht für Kunden. Man muss sich da vor Augen halten, dass ein Knollenblätterpilz so giftig ist, dass bereits 10g tödlich sind. Ein Pilz im Ragout kann somit alle Esser am Tisch unter die Erde bringen.
Doch gibt es sie immer noch, die Apotheken in denen die alte Tradition hochgehalten wird, und in denen Experten Pilzwanderungen und – bestimmungen anbieten. Das interessiert mich durchaus auch sehr, und irgendwann werde ich das sicher auch einmal angehen. Irgendwann… wenn mein Studium hinter mir liegt, und ich mal wieder nach etwas Neuem suche. Man lernt schließlich niemals aus, das wäre ja auch langweilig, oder?
Er behauptete, dort wo er herkämme würden ALLE Apotheken XYZ machen.
Jaja, die „Andere Apotheke [TM]“ ist immer viel besser, hat alle (un)denkbaren Produkte vorrätig, weiß auf jede Frage eine Antwort und bietet jegliche Service-Leistung sofortig zum Nulltarif, egal was gerade sonst so los ist, und verzichtet außerdem auch auf die Zuzahlung… 😉
Und zu Pilzsammlern im Walde fällt mir doch auch noch etwas lustiges ein:
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Hier https://www.dgfm-ev.de/service/pilzsachverstaendige gibt es übrigens Informationen, wo man Pilzsachverständige findet und wie man sie kontaktiert.
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“Einmal alles bestimmen bitte!” find ich aber – unabhängig davon, ob man bei der richtigen Stelle nachfragt oder nicht – auch eine etwas seltsamere Einstellung.
Zumindest klingt es für mich nach „ich hab mal alles gesammelt, was da so wuchs, jetzt guck du mal bitte, was ich davon essen kann“. Und wenn das wirklich so wahllos war, dann werden dabei viel zu viele Pilze unnötigerweise mitgenommen und auf dem Weg zu dem Pilz vielleicht andere Pflanzen zertrampelt.
Sichergehen, daß man keinen gefährlichen bis tödlichen Fehler gemacht hat: ja, auf jeden Fall!
Aber Grundwissen, um die meisten nicht essbaren Pilze von vornerein nicht mitzunehmen, sollte auf jeden Fall beim Pilzsammler selber vorhanden sein!
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Früher[TM] hat man halt zuerst wen gefragt, der sich mit sowas auskennt, und ist dann zur Tat geschritten.
Heutzutage macht man es halt umgekehrt. 😉
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Ja, kenn ich bei mir im Beruf auch zu gut. Verstehen nicht, was sie tun, machen aber erstmal, anstatt vorher wen zu fragen, und wir sollen es dann richten, wenn irgendwann doch auffällt, daß sie was falsch gemacht haben – aber natürlich sollen wir das so lösen, daß es ohne Kosten oder andere Konsequenzen für die Kunden ist. Ist immerhin bei uns nicht gesundheitsschädlich, was die Kunden für Blödsinn machen.
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